Kein „Masterplan Prostitution“ aber ein „Runder Tisch“

„Prostitution ist ein globales Problem, dass sich lokal auswirkt und nicht mit den bezirklichen Mitteln gelöst werden kann.“ (cit. Bezirksamt Mitte)

Sex-Arbeit – so alt wie die Menschheit (Foto: BSE)

Im Oktober 2017 hatte die BVV das Bezirksamt Mitte unter anderem aufgefordert sich beim Senat für die Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erstellung eines Masterplans „Prostitution“ einzusetzen. Dabei sollten die zuständigen Senatsverwaltungen und Bezirksämter und die durch die Arbeit mit der Zielgruppe erfahrenen Träger beteiligt werden. Relevante Fragestellungen und Problemfelder sollen betrachtet und Lösungsstrategien erarbeitet werden. Auch sollte geprüft werden, ob diesem Anliegen mit der Schaffung eines „Runden Tisch Sexarbeit“ ausreichend Rechnung getragen werden kann oder wie sich die Arbeit der geforderten Arbeitsgruppe und des zu installierenden Runden Tisches gegenseitig ergänzen. Außerdem wurde dem Bezirksamt empfohlen„sich auf der Landesebene für die Einbindung und Berücksichtigung der Initiativen von Anwohner*innen einzusetzen“ und „eine dauerhafte Finanzierung zu gewährleisten“.

Nun hat das Bezirksamt im März hierzu der BVV berichtet.

Zunächst wird auf die seit 10 Jahren bestehende Zusammenarbeit der Bezirksämter Tempelhof-Schöneberg und Mitte hingewiesen und über gemeinsame Projekte berichtet. So gab es „Projekte für die Prostituierten selbst, die der Aufklärung in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht dienten, aber auch das Foto-Voice-Projekt, dessen Ergebnisse auch im Rathaus Tiergarten ausgestellt wurden. Das Projekt Bürgerausstellung hat Anwohner*innen und Anrainer*innen befragt und die Ergebnisse auf einer Roll-Up-Ausstellung an vielen Orten gezeigt, so auch im Rathaus Tiergarten.“

Gemeinsam durchgeführt wurde eine „Fortbildungsreihe für pädagogisches Personal, damit diese in der Elternarbeit Eltern gut beraten können, wenn es zu Fragen im Umgang mit Prostitution gibt.“ und eine Veranstaltungsreihe für die Anwohner*innen. „Die einzelnen Veranstaltungen waren thematisch aufgebaut und informierten zu Fragen der Rechtslage, zu Menschenhandel und Zwangsprostitution, zur Arbeit der sozialen Einrichtungen und einer Reihe weiterer Themen“. Eine Vorschlagsliste mit “teilweise sehr kleinteiligen Maßnahmen“ wurde unter anderem durch die Bürgerausstellung „Nachbarschaft und Prostitution“ entwickelt und durch die Fachämter geprüft. (In weiten Teilen wurden die Vorschläge durch die Fachämter abgelehnt und nur einige Maßnahmen durchgeführt, Anm.d.Autors)

Das Bezirksamt führt weiter aus: „Bereits im Februar 2014 hatten sich die für Gesundheit zuständigen Bezirksamtsmitglieder aus Mitte und Tempelhof-Schöneberg, Herr Bezirksbürgermeister Dr. Hanke und Frau Bezirksstadträtin Klotz, an die damalige Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales gewandt, mit der Bitte um eine Berliner Arbeitsgruppe Prostitution einzurichten, da die Bezirksämter die Probleme aus eigener Kraft und alleine nicht lösen können.“

Mit einem Schreiben an die Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Frau Dilek Kolat, hat das Bezirksamt das Ersuchen nach der Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erstellung eines Masterplans Prostitution und die Sorgen bezüglich der für alle Anwohner*innen unbefriedigenden Situation geltend gemacht, auch auf die als sehr schwierig und problematisch einzuschätzenden Lebensbedingungen für die Prostituierten wurde vom Bezirksamt hingewiesen. Frau Senatorin Kolat erläutert in ihrer Antwort an das Bezirksamt, dass „alle Anliegen des Beschlusses der BVV zur Erarbeitung eines Masterplanes in dem zukünftigen Runden Tisch zum Thema Sexarbeit in dem entsprechenden Handlungskonzept bearbeitet werden“, erteilt aber der Entwicklung eines „Masterplans“ dementsprechend eine Absage. „Auch dem Anliegen der Bezirksverordnetenversammlung, die relevanten Akteure in diese Arbeit einzubeziehen, soll im Rahmen des Runden Tisches, der noch in diesem Jahr erstmals eingeladen werden soll, entsprochen werden. Zudem dankt sie dem Bezirksamt Mitte für die Bereitschaft an dem Runden Tisch mitwirken zu wollen.“

Weiter führt das Bezirksamt aus: „Aus mehreren bürgerschaftlichen Gremien, die sich teilweise nur zur Beschäftigung mit dem Thema Prostitution gegründet haben, liegt eine Vielzahl von Bestandsaufnahmen und Maßnahmenvorschlägen vor, die nur teilweise übereinstimmen.“

Für das Haushaltsjahr 2018/2019 hat die BVV die Summe von 100 000 €, zur Verfügung gestellt. Zur Umsetzung dieser Mittel hält das Bezirksamt eine „vollständige Bestandsaufnahme der möglichen Problembereiche im südlichen Teil der Bezirksregion für erforderlich.“

Hierzu wurde im Februar 2018 eine Bevölkerungsbefragung im Bereich zwischen Lützowplatz, Landwehrkanal und der Bezirksgrenze zu Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt, an der sich rund 1.100 Personen beteiligt haben. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden auf einer – leider sehr kurzfristig angekündigten  – Informationsveranstaltung für Anwohner*innen am 09. April präsentiert und diskutiert. „Das Thema der Armutsprostitution und des öffentlichen Vollzugs beschäftigt viele Menschen, die eine große Anzahl von Vorschlägen eingebracht haben und mit dem Fragebogen zu einigen der vorliegenden Vorschlägen Stellung genommen haben.“ Das Bezirksamt legt sich momentan in der Frage der geeigneten Maßnahmen, die in eigenen oder fremden Zuständigkeitsbereichen liegen, nicht fest und wird in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung und Gleichstellung am 23. April Vorschläge vorlegen.

Die Bezirksverordnetenversammlung wird durch die Beratung in den Ausschüssen und die Entscheidung über die Freigabe von Mitteln für das „Platzmanagement Kurfürstenstraße“ durch den Hauptausschuss („Die Freigabe durch den Hauptausschuss der BVV erfolgt unter der Bedingung der Vorlage eines umsetzbaren Konzeptes für die Einführung des Platzmanagements im Bereich Kurfürstenstraße.“) voraussichtlich am 10. Mai 2018 unmittelbar einbezogen.

Bürger*innen und Betroffene dürfen nun gespannt sein, ob und was sich in Sachen Sex-Arbeit und Nachbarschaft im Kurfürsten-Kiez tun wird. Sicher ist, die Anwohner*innen werden nicht locker lassen ……

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