Jüdische Geschichte in Tiergarten-Süd:
Die Synagoge Lützowstr. 16

(ein Beitrag von Prof. Dr. Paul Enck, www.paul-enck.com)

Wenn die Synagoge an der Potsdamer Brücke der „Tempel der Millionäre“ genannt wurde, war dann die nur 20 Jahre später gebaute Synagoge an der Lützowstraße 16 der „Tempel der kleinen Leute“? Weit gefehlt: Sie war größer, besser ausgestattet, eindrucksvoller, und dazu architektonisch sehr viel traditioneller gebaut als die orthodoxe Privatsynagoge, wie ein soeben erschienenes Buch über drei Berliner Gemeindesynagogen (Lützowstraße, Lindenstraße, Rykestraße) belegt (1). Und reiche Gemeindemitglieder hatte sie auch, wie wir sehen werden.

Aufgrund der Fülle des Materials sollen im Folgenden nur einige Aspekte der Baugeschichte beleuchtet werden, für Details und vielfältiges Bildmaterial verweisen wir auf das Buch (1) sowie auf bereits früher publizierte Quellen (2-4) zu den Berliner Synagogen.

Was sind Reformsynagogen?

Als Reformsynagogen werden Gemeindesynagogen bezeichnet, die nicht am strengen, traditionellen jüdischen Ritus ausgerichtet sind. Als liberaler Zweig des Judentums zeichnet sie sich durch eine weniger ausgeprägte Betonung von Ritualen und der persönlichen Einhaltung der religiösen Ge- und Verbote des jüdischen Gesetzes aus als es bei konservativeren jüdischen Strömungen der Fall ist, denn jeder einzelne Jude gilt im liberalen Judentum als autonom. Es bestand und besteht eine große Offenheit gegenüber äußeren Einflüssen und fortschrittlichen Werten. Ein bedeutender Vertreter in Deutschland war Leo Baeck (1873–1956), die unumstrittene Führungsfigur und Repräsentant der deutschen Judenheit (5).

Die Architekten der Synagoge, die in und für Berlin bedeutende Firma Cremer & Wolffenstein, beantragten am 19. Juni 1896 den Neubau einer Synagoge auf dem Grundstück Lützowstraße 16 und Potsdamer Straße 118 – im Antrag steht fälschlicherweise die Hausnummer 112, aber alle anderen Unterlagen benennen immer die korrekte Nummer 118. Sie führen weiter aus „Da das Allerhöchste nach Osten belegend ein muss …“ (6).

Hier stutzt und staunt der naive Leser: Offenbar galten auch für Reformsynagogen strenge religiöse Bauvorschriften: Allerheiligstes nach Osten, separate Alltags- und Festtags-Beträume, getrennte Eingänge/Höfe für Männer und Frauen, separates Trau-Zimmer, Frauenplätze auf der Empore, etc. Aus diesem Grunde war, so die Informationen aus der Baugeschichte (1), ein vorheriger Plan für eine neue Synagoge am Schöneberger Ufer gescheitert. Und der naive Leser fragt sich weiter: War denn dies alles gegeben bei der kleinen, traditionellen Synagoge an der Potsdamer Brücke, die in einem bereits vorhandenen Gebäude, einem ehemaligen Landwirtschaftsmuseum, eingerichtet worden war (s. mittendran vom 3.9.2022)? Jedenfalls bauten die beiden Architekten ihre erste Synagoge in dem Stile, in dem sie zuvor vor allem christliche Kirchen gebaut hatten: als „dreischiffiger Bau mit zwei kurzen, aber breiten Querhausarmen näherte sich der Grundriss der Form eines lateinischen Kreuzes an und war somit deutlich am christlichen Kirchenbau orientiert“ (1), auch in der äußeren Gestaltung („Backsteingotik“); dies war durchaus im Sinne der Reformgemeinden, die um Gleichstellung mit den christlichen Kirchen bemüht waren, aber innerhalb der Gemeinde nicht unumstritten.

Bild 1 : Grundstück der Synagoge (Schule, unten, an der Lützowstraße 16, und Synagogengebäude im Hof) gemäß Bauakte (6).

Die Synagoge selbst wurde nach jüdischen Vorschriften auf einem von den Kaufleuten Oppenheim (s. unten) bereitgestellten Grundstück (Bild 1) errichtet. Ähnlich den etwa zur gleichen Zeit entstandenen anderen Gemeindesynagogen in der Lindenstraße und der Rykestraße lag sie als „Hofsynagoge“ nicht unmittelbar an der Straße, sondern war über das Grundstück Lützowstraße 16 zugänglich, in dem eine jüdische Religionsschule, die Wohnung des Portiers, Verwaltungsräume sowie die Wohnung des Kastellans (Kantors) untergebracht waren. Ein 5,3 m breiter Torbogen durch das Schulgebäude erlaubte den Zugang (Bild 2) zu der hinter der Häuserreihe gelegenen Synagoge (Bild 3); die Eigentümer der Nachbargrundstücke hatten dieser architektonischen Lösung zugestimmt. Diese Lage und Nähe speziell des Schulgebäudes zu den Wohnhäusern in der Nachbarschaft hat in der Reichspogromnacht (9. November 1939) vielleicht verhindert, dass die Synagoge – wie viele andere – ein Opfer der Flammen wurde.

Bild 2: Zeichnung des Schulgebäudes (rechts, aus Bauakte (6)) und Foto des Torgitters zum Hof (links, aus: Berliner Architekturwelt, 21. Jahrgang 1919, S. 104, Abb. 149, gemeinfrei)
Bild 3: Haupteingang der Synagoge (Zeichnung, links, aus Bauakte (6)) und Foto (rechts, aus: Berliner Architekturwelt, 21. Jahrgang 1919, S. 105, Abb. 150, gemeinfrei) – man beachte die zwischen Bauplanung und Ausführung sichtbaren Modifikationen, z.B. des Giebels.

Die Synagoge bot Platz für fast 2000 Besucher (840 im Erdgeschoß, 945 auf der ersten Empore, 82 auf der zweiten (Frauen-)Empore, dazu 60 Plätze auf der Sängerempore) und war damit eine der größeren Synagogen in Berlin (Bild 4). Sie wurde am 11. September 1898 feierlich eröffnet (7).

Bild 4: Grundriss (links, aus Bauakte (6)) und Foto des Innenraumes (aus: Berliner Architekturwelt, 21. Jahrgang 1919, S. 106, Abb. 151, gemeinfrei).

Die Bauzeit war mit knapp anderthalb Jahren (April 1897 bis September 1998) sehr kurz. Die gesamten Baukosten (ohne die Grundstückskosten) beliefen sich auf 515.000 Mark, nach Kaufkraft von heute also etwa das 7-fache in Euro, mithin günstig; die Innenausstattung der Synagoge kostete nochmals etwa 80.000 Mark, die des Vorderhauses etwa 100.000 Mark. Die am Bau und an der Ausstattung beteiligten regionalen und überregionalen Firmen sagen uns heute nicht viel, aber der Lieferant der Orgel verdient Erwähnung: E.F.Walcker u. Co., Ludwigsburg, eine seit dem 18. Jahrhundert im Orgelbau bekannte Firma, die Orgeln in aller Welt gebaut und installiert hat und immer noch baut (8).

Der Orgelstreit

Die Archivarin des Centrum Judaicum, Sabine Hank, erzählte bei einem Besuch folgende Geschichte: als sie einer Nachfahrin eines ehemaligen Berliner Rabbiners erzählte, dass sie in der früheren Synagoge an der Oranienburger Straße in Berlin arbeite, hätte diese entgegnet „Ach, die Orgelsynagoge, in die sind wir nie gegangen“. Was hat sie damit gemeint?

In einer traditionellen Synagoge gab es keine Musik, einzig der Kantor intonierte die vorgeschriebenen religiösen Gesänge. Als einige reformierte Gemeinden zu Beginn des 19. Jahrhunderts dazu übergingen, Orgeln zu installieren und Kirchenmusik einzuführen, kam es zum „Orgelstreit“: „Keine andere synagogale Reform hat so erbitternden Widerstand gefunden wie diese; sie wurden in vielen deutschen Gemeinden der Anlaß zur Bildung von ‚gesetzestreuen‘ Gemeinden. Orgelsynagoge erhielt geradezu die Bedeutung von Reformsynagoge“ (9).

Es wurden von beiden Seiten Gutachten eingeholt zu drei Fragen: 1. Ist Instrumentalbegleitung beim Gottesdienst überhaupt statthaft? 2. Ist sie an Sabbat und Festtagen statthaft? 3. Ist speziell Orgelspiel in Synagogen gestattet? Und wie immer in solchen Fällen gab es positive wie negative Antworten auf diese Fragen, z.B. dass das talmudsche Verbot von Musik sich auf Gelage, aber nicht auf Kirchenmusik beziehe; dass Musik keine Arbeit sei, sondern Kunst, daher zulässig am Sabbat; dass es nur Juden, aber nicht Nicht-Juden verboten sei, an Festtagen zu musizieren; dass die Orgel gar keine christliche Erfindung sei, sondern aus dem Tempel in Jerusalem stamme; dass bei einer jüdischen Hochzeit Musik erlaubt sei, daher erst recht bei der religiösen Feier einer ganzen Gemeinde, usw. usw. (9).

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden nach und nach Orgeln in jüdischen Gemeinden in Europa (Österreich 1857) und Amerika (Charleston 1841) installiert. Die Neue Synagoge an der Oranienburger Straße in Berlin erhielt 1862 eine Orgel, aber auch hier gab es Befürworter und Gegner. Eine Synode erklärte schließlich die Einführung der Orgel für empfehlenswert, „… es steht ihrem Spiel am Sabbat und an den Festtagen kein religiöses Bedenken entgegen“ (1869) und „es ist dem Israeliten gestattet, am Sabbat die Orgel im Gotteshaus zu spielen“ (1871). Und so erhielt auch die Synagoge in der Lützowstraße eine Orgel, noch dazu eine der Firma Walcker, Ludwigsburg.

Wie kam die Gemeinde zum Grundstück und zum Bau?

Das im Bauantrag (s. Bild 1) genannte Grundstück Potsdamer Straße 118 wird uns an anderer Stelle noch mal begegnen: hier wohnte von 1837 bis 1856 der Besitzer der Druckerei Haenel, Eduard Hänel (1804-1856), der seine Villa 1840 vom Baumeister des Bürgertums, Eduard Knoblauch (1801-1865) hatte bauen lassen. Nach seinem Ableben (1856) war die alleinstehende Villa 1861 noch für einige Jahre in andere Hände übergegangen (Hertel bzw. Hertel’sche Erben), aber 1883 wurde das Grundstück von den Gebrüdern Julius und Louis Oppenheim erworben, das Grundstück wurde geviertelt (118, 118a bis c), die Villa abgerissen und zunächst durch drei mehrstöckige Wohnhäuser entlang der Straßenfront ersetzt, von denen zwei je einem der beiden Brüder gehörten und die zum Teil Mietwohnungen hatten; das dritte Haus (118) gehörte dem Rentier Neißer, das vierte Grundstück (118c) blieb bis 1895 unbebaut.

Da das Hänel’sche Grundstück weit in das Hinterland bis zur Druckerei reichte, trennten sich die Brüder Oppenheim 1896 von einem Teil dieses Grundstücks und vermachten es der jüdischen Gemeinde (Bild 1): Die Grundfläche im Hinterland Potsdamer Straße 118b, die damit für den Synagogenbau zur Verfügung stand, betrug 3121 qm zuzüglich 301 qm für das Grundstück Lützowstraße 16, das Julius Oppenheim 1883 ebenfalls erworben hatte, insgesamt also 3422 qm, wie Cremer & Wolffenstein im Bauantrag ausführen (6) (Bild 5).

Bild 5: Situationsplan der Lage der Synagoge, projiziert auf einen Straßen- und Gebäudeplan von 1889. Die gelb markierte Fläche ist die für den Synagogenbau zur Verfügung gestellte Fläche von 3422 qm, die die Gebrüder Louis und Julius Oppermann von ihren Grundstücken (Potsdamer Straße 118a, blau; 118b, grün) abgezweigt und der jüdischen Gemeinde geschenkt hatten, einschließlich des Grundstücks Lützowstrasse 16.

Die Kaufleute Oppenheim

Bei der Suche nach der Herkunft der Gebrüder Oppenheim verirrt man sich leicht in dem Umstand, dass es zur gleichen Zeit eine große jüdische Familie Oppenheim in Berlin gab, die im Bankgeschäft tätig waren – die Brüder Louis und Julius Oppenheim gehörten nicht zu ihnen, sie waren Kaufleute, deren Familie aus Pommern stammte, die erst sehr viel später zu Bankiers wurden (s. unten). Aber es gab auch viele Kaufleute mit diesem Namen (und gleichen oder ähnlichen Vornamen, die im Adressbuch meist abgekürzt wurden). Diesen Fehler machen nicht nur Kiezforscher wie wir, sondern auch das Adressbuch Berlins hat angelegentlich die Familien verwechselt.

Der zielführende Weg war hier der folgende: Die Sterbeurkunden der Brüder Louis und Julius Oppenheim gaben den richtigen Namen des Vaters preis (Neumann Oppenheim), darüber konnten wir dann im Judenbürgerbuch Berlins (10) seine Herkunft und in den Adressbüchern den Weg des Geschäftes verfolgen und ab Jahr der Volljährigkeit der Söhne (1867 bzw. 1869) auch deren Wohnsitze bis zum Umzug in die Potsdamer Straße.

Der Vater von beiden war also Neumann Nachmann Oppenheim, geboren am 2. Juni 1808 in Schwerin an der Warthe (heute: Skwierzyna, Polen), ein Kaufmann. Er hatte am 25. November 1830 das Bürgerrecht bekommen und handelte mit Samt- und Seidenwaren (10). Dessen Vater wiederum war ein Jacob Levin Oppenheim, geboren am 24. September 1777 in Schwerin a.d.W., Kaufmann zu Pyritz in Pommern. Neumann Nachmann Oppenheim heiratete mit 23 Jahren am 11. Dezember 1831 die Lene (Helene) Lindenau, Tochter des Jacob Herz Lindenau, Commissionair, aus der Lindenstraße 15, 28 Jahre alt (10). Neumann und Helene Oppenheim hatten 3 Kinder: Anna Oppenheim (1832-1898), Julius Oppenheim (1833-1909) und Louis Oppenheim (1835-1909).

Vom Kaufmann zum Bankier

Neumann Nachmann Oppenheim erhielt laut Judenbürgerbuch (10) im November 1830 das Bürgerrecht. Im Adressbuch ist er erstmals 1831 verzeichnet: „N.Oppenheim, Modewaaren-Handel, Brüderstraße 18“. Im Jahr 1871 heißt die Firma dann „N.Oppenheim Söhne“ (Damen und Mäntel-Fabrikant, Bazar zur Flora, Jerusalemstr. 20, Eigentümer sind J. und L. Oppenheim). 1879 wird die Firma N.Oppenheim Söhne liquidiert, ein Jahr später ist am gleichen Ort das Bankhaus „N.Oppenheim Söhne“, und die beiden nunmehr als Banquiers bezeichneten Geschäftsleute wohnen in der Eichhornstr. 8 (Louis) und am Halleschen Ufer 28 (Julius) bis zu ihrem Umzug in die Potsdamer Str. 118a bzw. 118b im Jahr 1885. Das Bankhaus existiert noch bis 1891, danach sind die Brüder Rentiers in ihren Häusern; beide starben im Jahr 1909.

Nach dem Tod von Louis und Julius

Von 1909 bis 1920 gehörten die Häuser 118a und 118b den Oppenheimer’schen Erben. Im Haus 119b wohnte 1905 noch die Witwe und Rentiere Anna Oppenheim, die Schwester von Louis und Julius. Ab 1907 ist der einzige Mieter der Deutsche Lyceum-Klub, ein Frauenklub der oberen Zehntausend von Berlin, gegründet von Marie von Bunsen (1860-1941) – auch die ist uns schon begegnet (s. mittendran vom 8. Juni 2021). Im Jahr 1910 zieht die Firma Keller und Reimer, ein Kunstsalon, der bislang an der Potsdamer Straße 122 residierte (s. mittendran vom 28. März 2021) als Mieter ein. Eigentümer ist zuletzt Prof. Leo Paul Oppenheim (1863-1934) aus Berlin Lichterfelde, ein Sohn von Julius und bekannter Geologe und Paläontologe. Im Haus Nr. 118a wohnte bis 1913 die Witwe und Rentiere Lene Oppenheim, die Mutter von Louis und Julius, und bis 1916 die Rentiere Jenny Oppenheim, die Witwe von Louis Oppenheim. Im Haus Nr. 118b residierte nach 1933 das Rassenpolitische Amt der NSDAP, das Rudolf Hess unterstellt war, und das sogleich Beschwerde einlegte gegen die Synagoge (1), aber das gehört in eine andere Geschichte.

Wie wurde die Eröffnung der Synagoge von der Presse aufgenommen?

Zur Einweihung am 11. September 1898 war viel lokale politische Prominenz anwesend, wie die Berliner (Vossische Zeitung vom 12. September 1898) und die jüdische Presse (Jg. 29, 1898, Nr. 39, vom 14. September 1898) zu berichten wussten, in weiten Teilen offenbar auf einem gemeinsamen Text beruhend, der in seinen technischen Teilen (Architektur, Baugeschichte) viele Übereinstimmungen aufweist mit dem im Oktober des gleichen Jahres veröffentlichten Bericht im Centralblatt (7), vermutlich, weil die Architekten die entsprechenden Informationen vorab geliefert hatten, die dann auch im Centralblatt veröffentlicht wurden.

Unterschiede zwischen den beiden Berichten konnten wir nur hinsichtlich des letzten Satzes des Artikels in der Jüdischen Presse finden, in dem es heißt, daß ein Chorgesang die Feier beendete, „bei welcher nicht einziges hebräisches Gebet gesprochen wurde, wohl aber Männer und Frauen neben einander saßen“ – dieser Halbsatz fehlt im Artikel der Vossischen Zeitung (Bild 6), ist aber sicher als Referenz an die konservativen Leser der Jüdischen Presse zu verstehen und nachvollziehbar. Auch der Satz „Die staatlichen Behörden waren, wie die antisemitschen Blätter mit Genugtuung hervorheben, nicht vertreten“ fehlt in der Vossischen Zeitung, aber es bleibt offen, welche Zeitungen damit gemeint waren.

Bild 6. Artikel in der Vossischen Zeitung vom 12. September 1898.

Nicht abgebrannt, aber brutal entweiht

Zwar hatte die Synagoge die Pogromnacht 9. auf 10. November 1939 äußerlich nahezu unbeschädigt überstanden, wohl aber im Innern verwüstet („Altar und Altargegenstände … abgebrochen“). Ob die jüdischen Heiligtümer, z.B. die Tora-Rolle, ebenfalls vernichtet worden sind, ist nicht bekannt, aber es fand vom 22. bis 24. April 1940 noch ein Pessach-Fest statt (3). Im weiteren Verlauf wurde sie dann auf brutale Weise „säkularisiert“ (entweiht, profaniert): 1941 befand sich im Innenraum der Synagoge das Lager einer Möbelfirma, und mit Schreiben vom 13. Oktober 1942 genehmigte der Stadtpräsident von Berlin den „Umbau der Synagoge, sowie eines behelfsmäßigen Lageschuppens und eines vierräumigen Kraftwagenunterstellraumes auf dem Grundstück Lützowstrasse 16″. Die endgültige Zerstörung des Synagogengebäudes erfolgte dann durch die Bombenangriffe, vermutlich am 30. Januar 1944.

Literatur

1. Konstantin Wächter: Die Berliner Gemeindesynagogen im Deutschen Kaiserreich. Integration und Selbstbehauptung. Gebrüder Mann Verlag, Berlin 2022.

2. Synagogen in Berlin, Zur Geschichte einer zerstörten Architektur, Teile 1 und 2. Verlag Wilhelm Arenhövel, Berlin 1983.

3. Nicola Galliner, Hrsg. Wegweiser durch das jüdische Berlin. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1987.

4. Max Sinasohn: Die Berliner Privatsynagogen und ihre Rabbiner, 1671-1971. Zur Erinnerung an das 300jährige Bestehen der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Jerusalem 1971.

5. https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Baeck

6. Akte im Landesarchiv Berlin (B Rep. 202 Nr. 2284): „betreffend Grundstück des Eigenthümers: Oppenheim, Jüdische Gemeinde, Lützow.Str. 16, Band 2 (1896)“

7. Centralblatt der Bauverwaltung, 8. Jahrgang Nr. 41 vom 8. Oktober 1898, S. 491-4.

8. https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Friedrich_Walcker

9. Max Joseph, Cäsar Seligman: Orgelstreit. In: Jüdisches Lexikon, Band 4.1, Jüdischer Verlag, Berlin 1930 Spalte 601-4.

10. Jacob Jacobson: Die Judenbürgerbücher der Stadt Berlin 1809-1851. Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin 1962.

 

Redaktion

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