Verschwundene Stolpersteine

So sah er aus der Stolperstein für Mildred Harnack-Fish © OTFW

Bei meiner Recherche zu einem Artikel über den Widerstand in unserem Kiez (erscheint in der nächsten Printausgabe) habe ich mich auch auf die Suche nach den Stolpersteinen von Arvid Harnack und Mildred Harnack-Fish in der Genthiner Straße gemacht und fand – nichts! Klar, da war über Jahre eine Baustelle, aber auch nachdem Gerüste und Abdeckungen entfernt worden waren, tauchten sie nicht wieder auf. Bei meinen weiteren Nachforschungen erfuhr ich dann von einer Aktivistin der für Tiergarten-Süd zuständigen Stolperstein-Gruppe folgende Geschichte: An einem Abend im Sommer 2019 begleitete sie eine Berlin-Besucherin unter anderem auch zu den Stolpersteinen von den beiden Widerstandskämpfer*innen Harnack. Und da waren sie noch da. Trotz Einrichtung der Baustelle und Gerüstbau. Als sie am nächsten Tag nochmal nachschauen wollte, um die Steine zu putzen, waren sie weg. Von Bauarbeitern entfernt und in Sicherheit gebracht? Keiner der Bauleute konnte ihr etwas zum Verbleib sagen. Der Projektleiter der Immobilien-Gesellschaft versprach, die Steine bei Fertigstellung der Immobilie zu ersetzen. So weit, so gut. Sie entschloss sich allerdings, die Polizei zu verständigen. Bei politisch motiviertem Diebstahl der Stolpersteine wäre das schließlich eine Sache des Staatsschutzes. Nach sechs Monaten erhielt sie die Mitteilung, dass die Angelegenheit eingestellt wurde. Über den Verbleib konnte die Behörde ihr aber auch keine Mitteilung machen.

…und dies war der Stolperstein für Arvid Harnack. Beide Steine waren am 2.9.2013 verlegt worden © OTFW

Im September 2020 führte ich dann ein Gespräch mit dem Bauleiter der Arbeiten am Gebäude Genthiner Straße 14. Er wusste sofort um was es ging, als ich von Stolpersteinen sprach und schien sehr betroffen. Ja, er wisse um das Verschwinden der Stolpersteine, wie das passiert sei, könne er nicht sagen, auffindbar seien die Steine bisher nicht. Aber er werde Alles daransetzen, dass sie wieder verlegt seien, bevor er die Baustelle endgültig verlasse, schließlich habe auch der Eigentümer des Gebäudes daran ein hohes Interesse. Bei unserer Stolperstein-Putzaktion im November waren die Steine natürlich nicht zurück. Eine engagierte Nachbarin aus der Genthiner Straße versucht nun noch einmal den Kontakt zum Besitzer des Gebäudes über die Architekturfirma herzustellen, um den Ersatz und die wiederholte Stolpersteinlegung für die Widerstandskämpfer*in Mildred und Arved Harnack voranzutreiben.

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