Dann landet man mal im Zelt oder sonst wo

Viel wird über die Frauen gesagt und geschrieben, die auf der Kurfürstenstraße ihrem Gewerbe nachgehen.

Wir glauben, dass die Berichte der Frauen darüber, wie sie selbst ihren Lebensalltag in und um die Kurfürstenstraße sehen und was sie bewegt, nicht vergessen werden sollten. Mit freundlicher Genehmigung des Frauentreff OLGA veröffentlichen wir seit März 2020 in unregelmäßiger Folge Auszüge aus der Projektbroschüre  PHOTOVOICE.

Dann ladet man mal im Zelt oder sonst wo (copyright:OLGA)

Heute geben wir Nadine eine Stimme

Heutzutage möchte ich nicht mehr 21 sein und hier auf dem Kiez anfangen zu arbeiten. Da würde ich mich strikt weigern. Der Verdienst ist lange nicht mehr der, der er mal war. Die Freier sind auch nicht mehr die, die sie mal waren. Die Arbeitsweise, die ich mal gelernt habe, kann ich heute kaum noch anwenden. Heute muss eine Frau fast 100 Prozent von sich verkaufen, damit sie überhaupt ein bisschen was verdient.

Der Lernprozess von alter zu junger Hure ist nicht mehr da. Früher haben die Alten den Jungen gezeigt wie man arbeitet. Wie man vernünftig kobert, wie man den Freier glücklich macht, aber mit einem anderen Programm, als er eigentlich wollte. Er geht trotzdem nach Hause mit dem Gefühl: das war die tollste Nacht meines Lebens.

Das gibt es heute alles nicht mehr. Wenn alle an einem Strang ziehen würden, wenn alles eine eingeschworene Gemeinschaft wäre und die dran kämen, die sich nicht

an Absprachen halten, dann würde das jetzt auch noch funktionieren. Auch wenn man nicht mehr dasselbe verdient…es würde trotzdem funktionieren. So dass alle Frauen einigermaßen verdienen. Und wenn es nur 30 Euro am Tag sind. Ist auch genug Geld. Geld ist genug unterwegs.

Ich sehe welche Kunden auf der Straße unterwegs sind. Der Kunde denkt sich, warum soll ich 30-40 € bezahlen, wenn ich es auch für 10 € kriege. So denkt der Kunde. Wenn er das nicht kriegen könnte, würde er auch mehr bezahlen, weil er nicht anders könnte. Es ist Tatsache, dass Frauen für 10 € einsteigen. Hab ich von Frauen und Kunden gehört. Irgendwo sind Grenzen. Früher haben wir nicht so mit unserer Gesundheit gespielt.

 

Schreibe einen Kommentar