Vier Stolpersteine (!) in der Kurfürstenstraße

Fast 40 Jahre wohnten die Geschwister Wolff / Wolffthorn im Haus Kurfürstenstraße 50.

Luise Wolf(f) war Literatin und Übersetzerin.  Ihre autorisierten Erstübersetzungen – zum Beispiel die „Forsyte Saga“ von Galsworthy oder Paul Gaugins „Noa Noa“ – werden teilweise noch heute nachgedruckt, oft jedoch ohne Nennung ihres Namens. Obwohl sie längst aus der Jüdischen Gemeinde ausgetreten war,  wurde sie bereits ab 1933 als „Volljüdin“ betrachtet, aus Berufsverbänden ausgeschlossen und damit ihrer Publikations- und Verdienstmöglichkeiten beraubt.

Julie Wolf(fthorn) wurde mit herausragenden Porträtarbeiten bekannt  und eröffnete eine eigene Künstlerinnenschule.  Mitglieder vieler berühmter Berliner Familien ließen sich von ihr malen. Auch sie wurde nach 33 aus den Berufsverbänden ausgeschlossen, arbeitete aber in ihrem Atelier auf dem Grundstück Kurfürstenstraße 50 bis zu ihrer Deportation weiter.

Im Zuge der massenhaften Zwangsumsiedlungen jüdischer Bürger*innen in Berlin mussten die Geschwister Erich Hirschweh als Untermieter aufnehmen.

Die Geschwister wurden am 28. Oktober 1942 nach Theresienstadt verbracht. Luise starb dort kurz nach der Ankunft. Julie malte auch im KZ noch weiter und starb dort am 29.Dezember 1944 – kurz vor ihrem 81 Geburtstag.

Erich Hirschweh war bereits am 14.08.1942 mit dem 44. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert worden. Von dort wurde er später nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Auch der anerkannte Neurologe Dr. Arthur Simons lebte und praktizierte in der Kurfürstenstraße 50. Er war außerordentlicher Professor an der Berliner Universität und hatte sich im Ersten Weltkrieg als Sanitätsoffizier verdient gemacht. Trotzdem wurde er 1933 vorübergehend in „Schutzhaft“ genommen, ihm die Lehrbefugnis entzogen und seine Stelle an der Charité gekündigt. 1938 wurde ihm von den Nazis auch die Approbation entzogen. Er versuchte nach Großbritannien auszuwandern – ohne Erfolg. Am 26.9.1942 wurde er mit dem 20. Deportationszug nach Raasiku verschleppt. Nach elf schrecklichen Tagen und Nächten im Viehwagon kamen die Deportierten auf dem Bahnhof Raasiku in Estland an. Nicht arbeitsfähig erscheinende Menschen wurden dort sofort selektiert, in ein Dünengebiet an der Ostsee bei Kalevi-Liiva  gebracht und dort von einem deutsch-estnischen Kommando erschossen. So teilte der Arzt, „der sich um das deutsche Vaterland verdient gemacht hatte“, das Schicksal von tausenden Menschen, die dort von September 1942 bis zum Spätsommer 1943 ermordet wurden.

(Quellen: Stolpersteine in Berlin und wikipedia; alle Fotos: https://commons.wikimedia.org/wiki/User:OTFW)

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