„Ich habe mit der Tötung der Juden nichts zu tun“

„Ich habe mit der Tötung der Juden nichts zu tun“. Das sagte Adolf Eichmann 1961 vor Gericht in Jerusalem. Er stellte sich als Befehlsempfänger dar – nur verantwortlich für die Evakuierungen, für die Logistik.

Die Wahrheit sieht ganz anders aus:

Bereits seit 1935 als Referent beim Sicherheitsdienst (SD) beschäftigte sich Eichmann mit der Frage, wie die Zwangsumsiedlung der jüdischen Bevölkerung beschleunigt werden könnte. Nach dem „Anschluss“ Österreichs organisierte er in Wien die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, die einzige NS-Stelle, die österreichischen Juden Ausreisegenehmigungen erteilen konnte. In weniger als eineinhalb Jahren verließen rund 128.000 Juden zwangsweise Österreich.

Ronnie Goltz hat 1998 die Bushaltestelle vor dem Sylter Hof als Mahnort für Eichmanns ‚Judenreferat‘ gestaltet (Foto:bse)

Mit diesen „Erfahrungen“ übernahm er 1939 die Leitung der „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“ in der Kurfürstenstraße 115/116 und das Referat IV B 4 „Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten“ des Reichssicherheitshauptamts (RSHA)

Hier planten er und seine Mitarbeiter die Zwangsumsiedlung der Juden in das Generalgouvernement (Polen).

Hier erstellte er die Redevorlagen für den Vortrag des Hauptverantwortlichen des Holocausts, Reinhard Heydrich (Chef des Reichssicherheitshauptamtes), auf der Wannsee-Konferenz vom 20.Januar 1942 zur „Endlösung der Judenfrage“, für deren Protokoll er ebenfalls verantwortlich war. Hier wurden die Statistiken „zur Judenfrage in Europa“ erstellt, die zur Grundlage des Tötungsprogramms für Millionen Juden wurden. Eichmanns Wannsee-Protokoll vermerkt auf Seite 6:  „Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten“ und „Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht“.

Protokoll der Wannsee-Konferenz, Seite 6 (© Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes)

Weiter geht es: „Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen, … wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.“ Aus dem nationalsozialistischen Verwaltungsdeutsch übersetzt bedeutete dies Zwangsarbeit bis zum Tod. Aber es kommt noch deutlicher: „Der allfällig endlich verbleibende Reststand wird, … entsprechend behandelt werden müssen, da dieser … bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist.“ (Protokoll der Wannsee-Konferenz vom 20.1.1942)

Natürlich wusste Eichmann sehr klar, dass die sog. Evakuierungen in den Tod führen sollten, hatte er doch bereits im Herbst 1941 die Massenerschiessungsanlage in Minsk und das Vernichtungslager Belzec besucht. Später besuchte er persönlich wohl alle größeren Vernichtungslager und informierte sich über die damals noch in Auschwitz durchgeführten Tötungen mit Blausäure.

Eichmann und seine Mitarbeiter*innen organisierten von der Kurfürstenstraße aus die Vertreibung und Deportation von Millionen europäischer Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Sie waren alles andere als Mitläufer – sie waren gemeine Mörder.

Hier können Sie noch mehr zur Wannsee-Konferenz hören und sehen.

 

 

 

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