Erst Kahlschlag
dann Gemüsegarten

Vor 75 Jahren, während der Berliner Blockade 1948/49, drehten die Sowjets dem westlichen Teil der Stadt die Energie ab und versuchten sie auszuhungern. Die Transportwege über Land wurden für Bahn und Krafttfahrzeuge gesperrt. Nach West-Berlin wurde kein Strom mehr geliefert. Es gab nicht mehr genug Kohle, um die Wohnungen zu heizen.

Und so fielen die letzten Bäume im Großen Tiergarten der Suche nach Brennmaterial zum Opfer. 

Bereits währen des Zweiten Weltkrieges hatte der Lenné’sche Landschafts-Park sehr durch die vielen Luftangriffe gelitten. Durch die Errichtung des massiven Zoo-Bunkers mit seinen schweren Flakgeschützen hatten die nationalsozialistischen Machthaber diesen zum Ziel zahlreicher Bombardements gemacht.

Auf dem Flakturm des Berliner Zoobunkers (ADN-Bildarchiv: II. Weltkrieg 1939-45, gemeinfrei)

Bei Kriegsende durchpflügten Panzer das Gelände. Granaten zerstörten Bäume, Brücken und Denkmäler. Wege und Gewässer wurden vernichtet.

In der Nachkriegszeit trieb Kohle- und Brennholzmangel die Berliner*innen dazu, weitere Bäume und Sträucher im Park abzuholzen. Während der Blockade fällten sie dann auch die letzten Bäume, um an Heizmaterial zu kommen. Von ursprünglich 200 000 Bäumen waren am Ende nur noch 700 übrig. (Heute gibt es noch 290 Bäume aus der Zeit vor 1945.) 

Max Frisch beschrieb den Berliner Tiergarten damals als „Baumlose Steppe mit den bekannten Kurfürsten“. Und ein Anderer kommentierte „Wären da nicht die Ruine des Reichstages und das Brandenburger Tor – man würde kaum ahnen, dass man hier den Großen Tiergarten vor sich hat. Vollkommen verwüstet und abgeholzt lag er da.“ 

Floraplatz im Tiergarten (Copyright: janwillemsen / Flickr)

Doch der Park wurde auch schnell ein Symbol des Widerstands- und Überlebenswillens. Nachdem unmittelbar nach Kriegsende die Ost-West-Achse (heute Straße des 17. Juni) sogar als Flugpiste benutzt worden war, gestattete die britische Besatzungsmacht die Nutzung des freien Geländes zur Nahrungsmittelproduktion. Pferde und Ochsen zogen nun Pflüge durch den früheren Parkboden, auf etwa 2550 Parzellen wurden Gemüse und Kartoffeln angebaut und der Senat ließ einige Felder für Grünfutter bewirtschaften. 

Gemüsegärten im Tiergarten. (© Landesarchiv Berlin Fotograf: Rudolf Steinhäuser, gemeinfrei)

Berlin 1947 Teile des zerstörten Tiergartens wurden parzelliert, um der hungernden Bevölkerung Möglichkeiten für den Anbau von Gemüse zu schaffen. ( copyright: Bundesarchiv, Bild 183-M1015-316 / Donath, Otto / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons)

Mit den Worten „Ihr Völker der Welt…schaut auf diese Stadt!“ hatte der Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter in seiner Rede am 9.9.1948 vor dem zerstörten Reichstag die Welt aufgefordert, die Stadt nicht dem imperialistischen Streben der Russen (Sowjetunion) preiszugeben.

Noch währen der Blockade begann er die Wiederaufforstung des Großen Tiergartens. Er pflanzte am 17. März 1949 symbolisch die erste Linde am Großen Stern. 250 000 Setzlinge wurden noch über die Luftbrücke eingeflogen. Die Wiederaufforstung des kahl-geschlagenen Parks konnte nur mit Baumspenden (1 Mio. junge Bäume) aus anderen deutschen Städten und Gemeinden durchgeführt werden.

Zum Gedenken an diese Spenden wurde im Juli 1952 am Großen Weg im Berliner Tiergarten eine Stele aus Muschelkalk errichtet.

Baumspende-Stele im Großen Tiergarten (Foto:bse)

 

 

 

Die Inschriften auf der östlichen und der westlichen Seite listen Städte und Gemeinden auf, die Bäume gespendet haben. (Fotos:bse)

Heute lädt der wieder erstandene Landschaftspark Berliner Bürger*innen und Tourist*innen zum Flanieren und Verweilen ein.

(Foto:bse)

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