Zehn neue Stolpersteine

Wenige Wochen, bevor sich die Reichspogromnacht am 9. November zum 87. Mal jährt, wurden vor den Häusern Kurfürstenstr. 125 und 126 fünf Stolpersteine verlegt. Erinnert wird an die vierköpfige Familie Baumgarten, die Deutschland fluchtartig verlassen hatte. Die Eltern mit dem älteren Sohn Walter flohen 1938, im Jahr des Novemberpogroms, mit Ziel Chile via Holland. Der jüngere Sohn Herbert floh schon 1933, zunächst in die Schweiz, dann in die Niederlande, wo er 1939 den Tod fand.

Die mit vier Stolpersteinen dokumentierte Flucht der Familie Baumgarten ©KB

Ein einzelner Stein steht für Georg Goldberg, 1944 von dort deportiert und in Auschwitz ermordet.

Vor Hausnummer 125, Stolperstein für Georg Goldberg ©KB

Weitere fünf Steine hätten vor Hausnummer 124 am 29. Oktober 2025 verlegt werden sollen, für die Familien Sommerfeld und Grodka, die familiär miteinander verbunden waren. Jedoch kam es dazu nicht. Vergeblich wartete eine kleine Gruppe von acht Leuten, durch Aushänge informiert, auf den Beginn der Zeremonie. Auch der Kleinlaster mit den fünf Steinen war bereits vor Ort. Tatsächlich kam es erstmals zu einem Ausfall, durch eine „Verkettung unglücklicher Umstände“, wie auf Nachfrage aus dem Museum Tempelhof-Schöneberg zu erfahren war. Ein zeitnahes Nachholen der Aktion wurde angekündigt.
Allerdings hätte der Zeitpunkt für die beabsichtigte Verlegung nicht ungünstiger sein können. An eben diesem Morgen begannen dort laute Straßenbauarbeiten mit erheblicher Verengung des Gehsteigs.

Straßenbauarbeiten an der Kurfürstenstraße ©KB

Eine besondere Brisanz erhält die Verlegung zahlreicher Stolpersteine an diesem Ort durch die unmittelbare Nähe zur NS-Behörde, die sich 150 Meter von dort entfernt befand: Die Kurfürstenstr. 116 war Sitz des Judenreferats des Reichssicherheitshauptamts, von wo aus Adolf Eichmann die Deportation europäischer Juden in die Vernichtungslager organisierte.

Die noch zu verlegenden Stolpersteine vor der Kurfürstenstraße 124 © Museen Tempelhof-Schöneberg

Stolpersteine geben den Opfern Namen und geben ihnen einen Teil ihrer Würde zurück. Und sie helfen, die Erinnerung an diese einmaligen Verbrechen wach zu halten.

Klaus Brenneisen

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