1907 – 2010 – heute

gefunden in der ersten (Print-)Ausgabe von mitteNdran (Juni 2010):

„Hier bietet sich eine Art von Dirnen an, die eigentlich nicht zum wohlhabenden und auch wohl verschwenderischen Westen stimmen,“ schreibt Hans Ostwald. „Es sind Mädchen,…., die fast stets geschmacklos gekleidet sind, die sich … mit ‚Komm mit, Schatz!‘, ‚Kleener, komm doch‘ aufdrängen und gelegentlich auch roh schimpfen.“

Leicht verändert könnte dieses Zitat auch in den Zeitungsberichten stehen, die 2010 die hiesigen Zustände wieder einmal als unhaltbar beschrieen. Doch das Zitat stammt von 1907, als sich das Geschäft mit dem Sex als  Begleiterscheinung der Großstadt unter der Bülowbahn etablierte. Bis heute erhält der Kiez dadurch seine zweifelhafte Berühmtheit.

Eine Abschaffung des Straßenstriches scheint aussichtslos. Eingeschränkte Sperrzeiten wären kaum durch Ordnungskräfte zu kontrollieren. Eine bloßes Verbot könnte in Illegalität und damit erhöhter Kriminalität enden.

Erfolg versprechender sind andere Wege. Die Straßenarbeit mit Sprachmittlerinnen, zum Beispiel, die die osteuropäischen Frauen direkt ansprechen, hat zu einer spürbaren Beruhigung für Passant/innen geführt. Alle sozialen Dienste arbeiten eng zusammen und kooperieren mit der Polizei auf lokaler Ebene. Ein Austausch auf Bezirksebene findet regelmäßig statt und resultiert in einer engen Beobachtung und damit auch Kontrolle der Situation.

Die Bevölkerung sollte beobachtete Verstöße, Unregelmäßigkeiten und Auffälligkeiten immer zur Anzeige bringen. Denn die Polizeipräsenz kann aber nur erhöht werden, wenn statistisch ein erhöhtes Anzeigenaufkommen zu verzeichnen ist.

… die Zustände werden immer noch „als unhaltbar beschrieen“, aber (käuflicher) Sex gehört wohl zum Großstadt-Leben. Seit über hundert Jahren in unserem Kiez.

2 Kommentare

  1. Ich habe nichts gegen käuflichen Sex, aber etwas gegen Verdrängung der alteingesessenen Mieter durch Vermietung von tage-wochen oder monatsweise Vermietung ehemaligen Wohnraumes an Zuhälter und Prostituierte inmitten von Wohnhäusern in Schöneberg-Nord.
    Da die neuen „Mitmieter“ offenbar nur ungarisch sprechen, wäre es wohl zielführend, wenn hier Sprachmittler zwischen alten und neuen Mietern vermitteln könnten, damit das künftige friedliche Zusammenleben in den Wohnhäusern gewährleistet werden kann.

    Es ist schon sehr gewöhnungsbedürftig, wenn hier verschiedene Kulturen und Umgangsweisen aufeinandertreffen und oftmals für „Reibungen“ sorgen ( laute Musik, Lärm die gesamte Nacht über, ständiges Ein- und Ausgehen von Zuhältern und Prostituierten im Haus), hierdurch verursachte defekte Haustüren, verdreckte Treppenhäuser, nächtliche Besuche mit High Heels, die erheblichen Lärm verursachen etc. Es wäre vielleicht hilfreich, hier in ungarischer Sprache auf Ruhezeiten in den Wohnhäusern hinzuweisen. Evtl. auch durch entsprechende Anschläge, die wir in den Häusern anbringen könnten, wenn wir schon miteinander auskommen müssen. Vielleicht ändert sich ja dadurch der Lärmpegel und wir alteingesessenen Mieter könnten mal wieder ruhig eine Nacht durchschlafen. Politik und Polizei sind insoweit nicht ansprechbar oder wiegeln ab, da sie selbst ja nicht davon persönlich betroffen sind.

    Ich würde insoweit gerne von Ihnen hören.

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