Spaziergang in die Vergangenheit (34): Potsdamer Str. 96 (Teil 1)

Dort, wo heute das Varieté Wintergarten in der Potsdamer Straße 96 residiert, besteht es seit 1992. Die Adresse Potsdamer Straße 96 (vor 1933: Potsdamer Straße 39) aber hat eine weitaus ältere und längere Geschichte, und zwar eine, die durchaus mit der Geschichte des Wintergartens selbst standhalten kann, den es seit 1881 gibt. Wir wollen diese Zeitspanne rückwärts durchschreiten, einen Spaziergang durch die Zeit machen, ohne uns von der Stelle zu rühren, mit fünf Stationen in fünf Geschichten.

Bild 1: Eingang des Varietés Wintergarten im Hotel Central in der Dorotheenstraße (Foto um 1900, Wikipedia, gemeinfrei).

Das Varieté Wintergarten (1992 – 2025)

Man kann diese 33 Jahre der Präsenz des Varietés Wintergarten an diesem Ort durchaus schon eine Tradition nennen, auch wenn der traditionelle Wintergarten im Central Hotel als Veranstaltungsort vor dem Zweiten Weltkrieg einen geradezu legendären Klang hatte (1): Er bestand für mehr als 60 Jahre, von 1881 bis zur Zerstörung 1944, an der Friedrichstraße Ecke Dorotheenstraße und war Keimzelle aller Varietés in Berlin, hier fanden legendäre Konzerte, aber auch die allerersten Filmvorführungen in Berlin statt (Bild 1) (mittendran vom 7. November 2022) – wir werden darauf zurückkommen.

Bild 2: Saalbau des Vergnügungsparks „Neue Welt“ in der Hasenheide. Hier residierte das Varieté Wintergarten nach dem Krieg für zehn Jahre (Postkarte um 1900, aus: Lothar Uebel: Viel Vergnügen. Kreuzberger Hefte VIII, Berlin 1985, Seite 110).

Nachdem das Hotel Central im Bombenhagel der Jahre 1943 bis 1945 untergegangen war, konnte bereits im Dezember 1945 ein neuer Wintergarten in der Neuen Welt eröffnen, einem ehemaligen Bierpalast an der Hasenheide in Neukölln, der um 1900 mit einer Festhalle für mehr als 2000 Leute ausgestattet und nach 1910 zum Vergnügungspark ausgebaut wurde (2). In diesem Theatersaal wurde September 1946 der Wintergarten-Spielbetrieb aufgenommen, allerdings wurden vorwiegend Filme mit einer vorgeschalteten Bühnenschau gezeigt; 1955 schloss das Kino-Varieté wieder (Bild 2).

1992 mieteten der Künstler André Heller, der Direktor des Circus Roncalli Bernhard Paul und der Konzertveranstalter Peter Schwenkow die leerstehenden Räumlichkeiten an der Potsdamer Straße 96 und eröffneten am 29. September 1992 das Varieté Wintergarten (Bild 3); später verkauften sie das Haus an eine Investorengruppe, die 2008 Insolvenz anmeldete (1).

Bild 3: Eingang des Varietés Wintergarten in der Potsdamer Straße (Foto 2010 von Andreas Praefke für Wikipedia, gemeinfrei).

Mitte 2009 fand sich ein neuer Betreiber für den Wintergarten mit seinen knapp 500 Plätzen. Deren Gesellschafter waren bereits seit Neugründung des Wintergartens Vermieter der Räumlichkeiten und hatten sich im Frühjahr 2009 entschlossen, in einem ersten Schritt das Inventar und die Namensrechte zu erwerben, um das Theater als solches spielfertig und die Marke Wintergarten am Markt zu erhalten. Seit 2010 wird das Theater wieder ganzjährig mit eigenen Shows bespielt (1). Umbauten in den vergangenen Jahren galten Café und dem Hof anlässlich des 30jährigen Bestehens (Bild 4).

Bild 4: Café im Varieté Wintergarten nach dem Umbau 2025 (© PE)

Literatur:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Wintergarten_(Varieté)
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Welt_(Berlin)

Paul Enck

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