Spaziergang in die Vergangenheit (33): Das Heine-Porträt der Familie Popper

Manche Geschichten nehmen einen anderen Verlauf, wenn plötzlich neue Bilder auftauchen. In der Geschichte der Familie Popper vom Lützowplatz (mittendran vom 5. September 2025) spielt – in einer späteren Folge, die noch nicht geschrieben ist – ein Porträt des Dichters und Schriftstellers Heinrich Heine (1797-1856) eine Rolle, welches der Bruder des Predigers Julius Popper, der Hamburger Maler Isidor Popper (1816-1884) 1843/1844 gemalt hatte. Der wiederum hatte den Malauftrag von Joseph Mendelsohn (1817-1856) bekommen, einem Freund von Heinrich Heine. Dieses Heine-Porträt war viele Jahre am Lützowplatz zu Hause und hängt heute im Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf (Bild 1).

Bild 1: Porträt des Dichters Heinrich Heine, gemalt von Isidor Popper 1843/44 in Hamburg  (mit freundlicher Genehmigung des Heinrich-Heine-Instituts).

Der verschlungene Weg dieses Gemäldes durch die Zeitläufte ist eine eigene Geschichte wert, die noch erzählt werden wird. Jetzt tauchten unerwartet in Rom fünf weitere, bislang unbekannte Bilder des Malers Isidor Popper auf, auf denen Familienmitglieder der Poppers abgebildet sind, außerdem ein Foto des Malers (Bild 2).

Bild 2: Der Maler Isidor Popper (1816-1884) (Foto um 1866; mit freundlicher Genehmigung der Nachkommen der Familie Popper).

Aber damit nicht genug: Folgt man der Geschichte des Heine-Porträts (1), so gibt es seit mehr als 150 Jahren den Hinweis, dass es 1872 auch eine lithografische Vervielfältigung dieses Heine-Gemäldes gab, die der Dessauer Buchdrucker und Lithograf Ferdinand Neubürger (1806-1884) gedruckt hatte (Bild 3) (2). Diese Lithografie wurde 1897 erneut zu Heinrich Heines 100. Geburtstag zitiert und gezeigt (3) – nur war diese Lithografie im Original bislang nirgendwo dokumentiert, geschweige denn einsehbar. Die Dessauer Buchdrucker-Familie Neubürger haben wir gerade kennengelernt (mittendran vom 30. Juli 2025) und gezeigt, dass sie eng verwandt war mit der Familie Popper. Ferdinand Neubürger wird das Heine-Gemälde bei einem Besuch der Familie von Julius Popper in Dessau, Stolp oder Berlin gesehen haben; Ferdinand Neubürger war zudem ein Heine-Fan.

Bild 3: Lithografie nach dem Originalgemälde von 1843/44, hergestellt 1872 durch den Drucker Ferdinand Neubürger, Dessau (Deutsches Historisches Museum Berlin, Inv.-Nr. Gr 57/99, mit freundlicher Genehmigung).

Bei einer der unzähligen Internet-Recherchen tauchte jetzt ein Hinweis auf, dass diese Lithografie in der Grafiksammlung des Deutschen Historischen Museums in Berlin vorhanden sei (4). Es ist das bislang einzige bekannte Exemplar, in der Originalgröße wie das gemalte Porträt, das wohl 1930 im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle an der Saale archiviert wurde und 1957 in den Bestand des Deutschen Historischen Museums in Berlin kam. Dort schlummerte es unter Tausenden, teilweise noch nicht katalogisierten Grafiken, bis es vor wenigen Tagen gesichtet wurde (Bild 4).

Bild 4: Die italienische Kunsthistorikerin Dr. Valeria Butera im Deutschen Historischen Museum Berlin mit der Heine-Lithografie von 1872 (© PE).

 

Literatur

  1. Gerhart Söhn: Das verleugnete Heine-Porträt. Eine Dokumentation. Heine Jahrbuch 2003 (42. Jahrgang), Düsseldorf, Verlag J.B.Metzler, Seite 158-163.
  2. Deutsche Blätter, Literar.-polit. Feuilleton-Beilage zur Gartenlaube, Nr. 47, 1872.
  3. Leipziger Illustrirte Zeitung, Jahrgang Nr. 2841 vom 9. Dezember 1897, Seite 814.
  4. Deutsches Historisches Museum (DHM) Berlin, Inventar-Nr. Gr 57/99.

Paul Enck

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