Milieuschutz – was bringt das?

Ab Oktober soll zwischen Landwehrkanal und Kurfürstenstraße ein Milieuschutzgebiet eingerichtet werden.

Milieuschutzgebiet Tiergarten Süd
(Quelle:LPG)

In der Veranstaltung am 12.September im Mehrgenerationenhaus Villa Lützow hat Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD) auch erläutert, was der Milieuschutz den Bewohner*innen im Kiez bringt. Hier noch einmal die wesentlichen Aspekte:

Kostenfreie Mieterberatung

Der Bezirk Mitte hat eine Mieterberatung beauftragt, die Mieter*innen betreut und berät, die in den Milieuschutzgebieten von Modernisierung betroffen sind und zudem die Kommunikation mit dem Bezirksamt sicherstellt. Sie erhalten Auskunft über ihre Rechte und Pflichten bei geplanten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie bei Umwandlungsvorgängen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen.

Sprechzeiten für Tiergarten Süd werden nach Einrichtung des sozialen Erhaltungsgebietes (Oktober 2018) bekannt gegeben

Genehmigung baulicher Maßnahmen, Modernisierungen

Durch die Milieuschutzverordnung werden alle baulichen Vorgänge einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen. Das heißt Rückbau, bauliche Änderungen, Nutzungsänderungen müssen vom Bezirksamt in jedem Einzelfall genehmigt und überprüft werden. Insbesondere die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen steht unter Genehmigungsvorbehalt und wird eingeschränkt. (Im Land Berlin ist eine Umwandlungs-Verordnung gem. § 172, Abs. 1, S. 4 BauGB seit dem 15.03.2015 (befristet auf 5 Jahre)  in Kraft und gilt für alle Milieuschutzgebiete.) 

Bezirkliches Vorkaufsrecht

§ 24, Abs. 1, S. 1, Nr. 4 BauGB räumt dem Bezirk ein Vorkaufsrecht für Grundstücke ein, die im Bereich einer Erhaltungsverordnung nach § 172, Abs. 1 BauGB liegen. Der Bezirk tritt also bei einem Verkauf eines bebauten oder unbebauten Grundstücks an die Stelle des (potentiellen) Käufers – zu Gunsten der Allgemeinheit – ein. Im Unterschied zu einer Enteignung ist das Vorkaufsrecht nur möglich, wenn ein Eigentümer verkaufen will. Das Vorkaufsrecht kann gem. § 27a, Abs. 1, S. 1 BauGB  auch zugunsten eines Dritten, in der Regel einer städtischen Wohnungsgesellschaft, ausgeübt werden, was den praktischen Regelfall darstellt.

Abwendungsvereinbarung

Meist  muss das Vorkaufsrechts nicht angewendet werden, weil der Käufer des Grundstücks eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnet, in der er sich in der Regel verpflichten muss: 

  • keine Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln;
  • die aktuelle Nutzung beizubehalten;
  • keine baulichen Veränderungen und Modernisierungen durchzuführen, die über die Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung im Quartier hinausgehen (z.B. keine zusätzlichen Balkone, keine Aufzüge);
  • zu einer Kappung des Modernisierungszuschlages;
  • bei Neuvermietungen von Wohnraum zu keiner Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel.

Verordnungsmiete und gebietsspezifischer Mietspiegel

Der Bezirk Mitte kann – nach einem gebietsspezifischen Mietspiegel – sogenannte Verordnungsmieten anwenden. Diese werden bei Modernisierungen angewandt, wenn beantragte Modernisierungsmaßnahmen vom Bezirk nicht zum zeitgemäßen Ausstattungsstandard gezählt werden.

Zum zeitgemäßen Ausstattungsstandard zählen in Mitte lediglich der erstmalige Einbau eines Bades, einer Zentralheizung, der Austausch von Einfachfenstern in Isolierglasfenster und die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung. Diese werden durch den Bezirk ohne Einschränkungen und Vorgaben genehmigt. Für Maßnahmen, die der Bezirk Mitte zum zeitgemäßen Standard rechnet, zahlen Mieter*innen die Modernisierungsumlage in vollem Umfang.

Weitere Modernisierungsmaßnahmen werden durch das Bezirksamt nur genehmigt, wenn der Eigentümer die Modernisierungsumlage auf Höhe der Verordnungsmiete kappt.

Nach Ablauf einer einjährigen Frist kann der Eigentümer die Miete lediglich nach § 558 BGB erhöhen. Dazu kann er wiederum die ortsübliche Vergleichsmiete heran ziehen.

Übersteigt die Miete bereits vor der Modernisierung die veranschlagte Verordnungsmiete, so muss der Eigentümer auf die Modernisierungsumlage verzichten.

Die Umlage von kostenintensiven Modernisierungsmaßnahmen, wie etwa der Einbau eines Aufzugs oder Balkons, kann mithilfe der Verordnungsmiete begrenzt werden. Jedoch genehmigt das Bezirksamt Mitte in der Praxis durchaus Modernisierungsmaßnahmen, etwa den Anbau eines zweiten Balkons. Dann haben Eigentümer*innen die Möglichkeit, die verbesserte Ausstattung bei darauffolgenden Mieterhöhungen nach §558 BGB geltend zu machen (s.o.). Die Verordnungsmiete hat also eine dämpfende Wirkung auf die Steigerung der Mietpreise, sie stellt jedoch keine grundsätzliche Mietobergrenze dar.

Bezirksstadtrat Gothe ging in der anschließenden Diskussion auch auf andere Probleme des Wohnens in Mitte ein. Es wurde deutlich, dass sich die Verwaltung durchaus bemüht, dem Mietwucher im Bezirk gegenzusteuern. Leider gelingt das nicht immer, da einige Investor*innen und Spekulant*innen bestehende Gesetze und Gesetzes-Lücken teilweise schamlos für ihre Profit-Interessen ausnutzen.

 

Quelle: https://www.bmgev.de/politik/milieuschutz.html

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