Hepatitis-Erkrankungs-Risiko durch Straßenstrich?

in nebenan.de erklärt ein Anwohner „Wer in ein solches Papier (benutztes Feuchtuch (?) red.) tritt – oder bei Regen ach nur in die Nähe, läuft Gefahr, gefährliche Viren ins Haus, auf den Teppich und damit auch in den eigenen Mund zu tragen.“

Erstens, Hepatitis B ist in Deutschland – im Verhältnis zu anderen Ländern – nur verhältnismäßig gering verbreitet. Hierzu das Robert-Koch-Institut:

„In Deutschland wurde im Rahmen der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1) von 2008 bis 2011 eine Prävalenz von akuten oder chronischen Infektionen (Anti-HBc-und HBsAg positiv) von 0,3% (95%-Konfidenz­intervall [KI]: 0,2% – 0,6%) bei 18 bis 79 Jährigen gefunden. … Deutschland zählt damit zu den Ländern mit relativ niedriger Prävalenz (Verbreitung, red.) für Hepatitis B.

Zweitens: der angenommene Übertragungsweg ist extrem unwahrscheinlich. Hierzu die offizielle Darstellung der Weltgesundheitsorganisation Behörde (WHO):

„The hepatitis B virus can survive outside the body for at least 7 days. During this time, the virus can still cause infection if it enters the body of a person who is not protected by the vaccine. The incubation period of the hepatitis B virus is 75 days on average, but can vary from 30 to 180 days. The virus may be detected within 30 to 60 days after infection and can persist and develop into chronic hepatitis B.

In highly endemic areas, hepatitis B is most commonly spread from mother to child at birth (perinatal transmission), or through horizontal transmission (exposure to infected blood), especially from an infected child to an uninfected child during the first 5 years of life. The development of chronic infection is very common in infants infected from their mothers or before the age of 5 years.

Hepatitis B is also spread by percutaneous or mucosal exposure to infected blood and various body fluids, as well as through saliva, menstrual, vaginal, and seminal fluids. Sexual transmission of hepatitis B may occur, particularly in unvaccinated men who have sex with men and heterosexual persons with multiple sex partners or contact with sex workers. Infection in adulthood leads to chronic hepatitis in less than 5% of cases. Transmission of the virus may also occur through the reuse of needles and syringes either in health-care settings or among persons who inject drugs. In addition, infection can occur during medical, surgical and dental procedures, through tattooing, or through the use of razors and similar objects that are contaminated with infected blood.“

Die Darstellung des RKI ist entsprechend:

„Andere Übertragungswege, die durch den Kontakt infizierter Körperflüssigkeiten mit Schleimhäuten bzw. Bagatellverletzungen oder anderweitig geschädigter Haut zustande kommen, sind möglich. z.B. in Familien oder in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder oder Behinderte. Auch nosokomiale Übertragungen sind als Infektionsweg in Betracht zu ziehen, z.B. bei Diabetikern in Pflegeheimen durch unhygienische Blutzuckermessungen, d.h. über die unsachgemäße Verwendung von Blutzuckermessgeräten oder Zubehör wie die Anwendung von Stechhilfen bei mehreren Personen, die zur HBV-Übertragung führen kann“

Der Hauptübertragungsweg ist und bleibt der ungeschützte Geschlechtsverkehr!

Häufig infizieren sich Bürger*innen aus Deutschland auf Fernreisen.

und : Zur Prophylaxe (Vorbeugung) von Hepatitis B steht eine effektive Impfung zur Verfügung für Reisende und sonstige Gefährdete (s.oben)

Der Straßenstrich im Kurfürstenkiez ist problematisch!

Aber uns ist mit falscher Panikmache sicher nicht gedient!

15 Kommentare

  1. Maja
    Das klingt — mit Verlaub- ziemlich dünn. Wo bleibt zumindest e i n Kommentar eines medizinisch versierten, Fachmenschen?

  2. Maja
    Na eben echte Informationen. Und zwar bezogen auf unsere spezielle Situation. Sind Sie schon mal durch die Derfflinger Strasse am Morgen oder mittags gegangen? Viel Spaß! Da liegt ein ganzes Regal Kondome, Feuchttücher und Tempo auf dem Gehweg. Das ist ein GymnastikAkt, drumherum zu laufen. So geballte Ansteckungsfläche kann kein Krankenhaus dieser Welt bieten. Aber wen schert das, wenn nicht betroffen.

    • Maja, Sie nennen die Fakten doch auch. Das sind doch echte Informationen. Aber die Informationen aus dem RKI und der WHO sind eben auch echte Informationen. Ich stelle doch gar nicht in Frage, dass es ein massives Verschmutzungsproblem gibt und dass dieses die Anwohner*innen belastet. Ich bezweifle allerdings die hier von Vorredner*innen genannten Übertragungswege und vor allem die postulierten immens hohen Risiken.

  3. Maja
    Ich biin einigermassen entsetzt über dieses vermeintlich faktisch gestützte Rededuell zweier Selbstdarsteller. Wer bietet mehr? Ich erwarte als Bürgerin gestützte, echte,belegte Fakten. Zu unser aller Schutz und Beruhigung.

    • Maja, welche Fakten möchten Sie denn noch lesen? Reichen Ihnen WHO und RKI nicht? Es ist Ihnen natürlich auch unbenommen, auch selbst zu recherchieren…

  4. Wie gesagt: 1. Durch den von Ihnen postulierten Übertragungsweg ist eine Infektion äußerst unwahrscheinlich; 2. sofern ihr Kind regelgeimpft ist:: „Für Säuglinge, Kinder und Jugendliche ist davon auszugehen, dass der Schutz mindestens 10 bis 15 Jahre besteht. Es ist aber wahrscheinlich (wie bei anderen Personen mit ausreichender Immunreaktion), dass er sogar deutlich länger, eventuell lebenslang anhält. ….“
    cit. RKI, Stand: 22.02.2018

  5. Hier wurde auch offenbar vergessen, über herumliegende Spritzen zu berichten. Sowohl auf den Straßen, als auch in unserm Hauseingang, als auch auf unseren Spielplätzen. Die sind oft schön rosa und ziehen damit Kinder magisch an. Wie sieht es damit aus?

    Die ganze Diskussion ist absurd. Hier versucht auch niemand, öffentliche Panikmache zu verursachen. Aber die hier betroffenen sind wütend und ohnmächtig zugleich. Da wird jeder Strohhalm ergriffen, um Argumente gegen ein endlich notwendiges Eingreifen zu erwirken!

    • Das Problem mit herumliegenden Spritzen ist ein völlig anderes und hier sind Sorgen berechtigt. Dabei geht es aber um Drogen-Nutzer, die es sicher auch unter Sex-Arbeiter*innen gibt. Spritzen finden sich aber leider auch in nicht „Prostitutions-belasteten“ Kiezen.

  6. Wenn mein Sohn seinen Ball am Spielplatz aus dem Gebüsch holen will und anstelle dessen einen tropfenden Kondom in der Hand hält, können Sie, Herr BSE, mir versichern, dass keine Infektionsgefahr für meinen Sohn besteht? Bitte um eine kurze Antwort, damit die „unberechtigten Ängste in der Bevölkerung“ (Zitat BSE) beruhigt werden können..

  7. Jedes der Kommentare belegt:
    1) Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich mit Hepatitis B über Kondome, Nadeln, Papiertücher ansteckt ist gering.
    2) Die Wahrscheinlichkeit existiert aber. Hier Beruhigung zu geben ist fehl am Platze.
    3) würde eine „Panik“ in der Kiezbevölkerung ausbrechen, hätte dies zur Folge, dass der Kiez bald prostitutionsfrei wäre.

    Fakt: Die Wahrscheinlichkeit ist um ein vielfaches höher, sich auf der Derfflingerstrasse zu infizieren als in der Kollwitzstrasse.

    Hier noch ein Zitat, dass wie Ihre das Risiko beschreibt:
    „Hepatitis B is highly contagious. It spreads through contact with infected blood and certain other bodily fluids. “
    https://www.healthline.com/health/hepatitis-b#transmission

    Ich halt es aber auch für vergebene Lebensmüh, über das vermeintliche Nichtrisiko von Geschlechtskrankheiten zu sprechen, solange direkt vor der Tür Papier- und Kondomhaufen liegen und der Bezirksbürgermeister mit Stolz verkündet hat, dass nun zwei mobile Toiletten aufgestellt wurden, um die Situation für die Damen zu verbessern.

    Neulich bin ich in die Wohnung gekommen, habe meine Schuhe ausziehen wollen und festgestellt, dass dort ein Papier von der Strasse dran kleben geblieben war. Mein Sohn sass neben mir. Diesen Sommer bin ich zweimal mit dem Fahrrad daheim angekommen, im Fahren abgestiegen und über einen Kondom mit dem Schuh gerutscht. Fremder Körperschleim gehört zum Alltag am Kiez. Das ist absurd. Genauso absurd, wie „highly contagious“ zu debattieren.

  8. (Ich nehme hier gleichzeitig Stellung zu Kommentaren in nebenan.de):
    Es geht nicht darum, die Problematik der Nebenwirkungen der Armutsprostitution im Kurfürstenkiez herunter zu spielen. Es geht auch nicht darum, sich mit den „Hinterlassenschaften“ abzufinden.
    Es geht auch nicht darum, das allgemeine Erkrankungsrisiko für Hepatitis B herunter zu spielen und sich damit „abzufinden“.
    Es geht darum zu vermeiden, mit dem Begriff GESUNDHEITSRISIKO und vermeintlichen Experten-Aussagen unberechtigte Ängste in der Bevölkerung zu erzeugen.
    Zu den von mir zitierten Quellen im Artikel siehe bitte die Hyperlinks.
    In Bezug auf die Berechnung der Infektionswahrscheinlichkeiten kann ich nur auf die Ausführungen von Regine auf nebenan.de verweisen.

    Ich zitiere hier nochmals die WHO:
    Q: How is Hepatitis B NOT spread?
    Hepatitis B virus is NOT spread by sharing eating utensils, breastfeeding, hugging, kissing, holding hands, coughing, sneezing or by recreational use of public pools or the like.

    https://www.who.int/features/qa/11/en/

    Meines Wissens ist in der internationalen Literatur (auch in Hoch-Prävalenz-Ländern) kein Fall beschrieben, in dem die Transmission des Erregers in der in nebenan.de beschriebenen Form dokumentiert wäre.
    Der Vergleich der Sicherheitsmassnahmen in einem Labor, in dem mit infektiösem Material gearbeitet wird, und einer „Verkehrsstraße“ ist auch nicht zielführend,
    1. da in beiden Fällen eine völlig andere Bio-Dynamik herscht
    2. im Labor natürlich richtigerweise auf extreme Arbeitssicherheit geachtet werden muss

    und nochmals die WHO

    Das Virus wird über den Kontakt mit Blut oder Körperflüssigkeiten der infizierten Person übertragen. Typ B kann zu einer akuten sowie chronischen Erkrankung führen. Regelimpfungen von Neugeborenen und Kindern mit einem Hepatitis-B-Impfstoff ist die beste Vorsorgemaßnahme. Die meisten Länder in der Europäischen Region führen diese Impfung bereits durch, so dass dort jetzt Generation auf Generation folgen wird, in der Hepatitis B nicht mehr vorkommt.
    http://www.euro.who.int/de/health-topics/communicable-diseases/hepatitis/news/news/2014/07/preventing-hepatitis-b-and-c

    Die Regelimpfung gegen Hepatitis B – im Alter von 2-14 Monaten (!) – ist Bestandteil der Impfempfehlungen der STIKO
    https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Aktuelles/Impfkalender.pdf;jsessionid=D0436D5B036142BB97F9FD8B579564C0.2_cid363?__blob=publicationFile

    Zugegeben, die Prävalenz von chronischer und akuter Hepatitis B mag bei Sex-Arbeiterinnen mit Migrations-Hintergrund Süd-Ost-Europa erhöht sein. Das ändert allerdings nichts an der Unwahrscheinlichkeit der beschriebenen Infektionskette!

    • Können Sie bitte mal definieren, was Sie unter „fehlleitenden Kommentaren“ verstehen? Soll mitteNdran Zenzur betreiben?

  9. Die Argumentation der These ist reichlich dürftig. Erstens kommen die Damen nicht aus Deutschland, sondern mutmaßlich meist aus Osteuropa, zweitens ist mit der Aussage, der Hauptübertragungsweg sei Geschlechtsverkehr, nicht wiederlegt, dass auch Ansteckungen über Schmierübertragung wie durch das hineintreten in ein Kondom möglich sind. Unser einjähriges Baby schleckt zumindest bei uns zu Hause alles ab, was ihm in den Weg kommt.

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