Eine runde Sache an der Ecke – das Loeser & Wolff-Haus

Eines der bekanntesten Bücher Walter Kempowskis trägt den Titel „Tadellöser und Wolff“. Sein Vater pflegte den Firmennamen der bekanntesten, 1866 am Berliner Alexanderplatz gegründeten Zigarrenfabrik Deutschlands, „Loeser & Wolff“, ob ihrer weithin gerühmten Rauchprodukte für etwas Gelungenes zu verballhornen. Die jüdischen Gründer, Bernhard Loeser und Carl Wolff, waren mit ihren Zigarren im ausgehenden 19.Jahrhundert bald so erfolgreich, dass sie expandierten und die Hauptproduktion ins westpreußische Elbing verlegten.

Bildquelle: Jüdisches Adressbuch Berlin 1931

Noch vor Bismarcks Sozialgesetzgebung galt „Loeser & Wolff“ als vorbildlichstes Unternehmen, was den Sozialschutz der Arbeiterinnen betraf, denn das Zigarrendrehen war Frauensache.

Die Witwe des 1902 verstorbenen Gründers erschloss als Geschäftsfrau weitere Absatzmärkte, sodass ein neues Verwaltungsdomizil geschaffen werden musste. Der Architekt Albert Biebendt errichtete 1929 ein abgerundetes Bürogebäude an der Ecke Potsdamer Straße und Schöneberger Ufer, das mit seiner Sandstein-Fassade, mit edlen Baustoffen wie Marmor, Edelstahl und Bronze Maßstäbe im Stil des „Neuen Bauens“ setzte.

Loeser & Wolff-Haus an der Potsdamer Straße © FP

Das Haus verfügte unter anderem über ein gläsernes Atrium, eine Drehscheiben-Automobiltiefgarage sowie über eine Angestellten-Dachterrasse. Es gab damals vertikale Lichtbänder an der „Loeser-Burg“, doch der von Biebendt geplante turmartige Gebäudeaufsatz entfiel aus Kostengründen, weshalb dann das in der Nähe befindliche Shell-Haus als Ikone der Neuen Sachlichkeit das Rennen machte. Im 2. Weltkrieg nahezu unversehrt, beherbergte es für Jahrzehnte Hans Scharouns Architekturbüro, von wo aus er den Bau des von ihm geplanten Kulturforums überblicken konnte. 2004 wurde das Gebäude mit zwei gläsernen Panorama-Dachgeschossen aufgestockt, die als abgerundete Antipoden zum gegenüberliegenden Eckgebäude am Karlsbad empfunden werden können. Den wechselnden Nutzern zum Trotz, ziert auch heute noch der Schriftzug „Loeser-Wolff-Haus“ die Fassade dieser Landmarke.

© Micky Waue

 

Marc-Thomas Bock

 

Quellen: Landesdenkmalamt Berlin, Redaktion Denkmalinformationssystem,  Vilmoskörtes Blog, Berlingeschichte.de

Marc-Thomas Bock

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